Speaker 1: In Belarus will sich Machthaber Lukaschenko sein Amt nach 30 Jahren an der Staatsspitze ein weiteres Mal sichern. Die Abstimmung bei der Präsidentschaftswahl gilt als Farce. Lukaschenkos Mitbewerber werden als Statisten gesehen. Oppositionelle sind entweder ins Ausland geflüchtet oder im Gefängnis. Es hätten diese selbst gewählt, man habe niemanden aus dem Land gejagt, sagte Lukaschenko nach der Stimmabgabe in Minsk. Die EU-Außenbeauftragte Callas sprach von einer Scheinabstimmung und einem Affront gegen die Demokratie.
Speaker 2: Die Straßen von Minsk, sie sind voll von Flaggen und viel Wahlwerbung. Die Wahlkampagne steht unter dem Titel Marathon der Einheit und hat eine Botschaft, der alte Präsident wird der neue sein. Rechtzeitig vor dem Wahltag Auftritt von Alexander Lukaschenko vor einer vollen Halle mit Anhängern und dem Fernsehpublikum. Die Bedeutung des 26. Januar ist für uns, der Welt zu zeigen, dass wir rationale Menschen sind, die aus unserer Vergangenheit lernen. Eine blutige Vergangenheit. 2020, Lukaschenkos letzte Wahl, endet in der Niederschlagung eines Volksaufstandes. Als Lukaschenko erklärt, mehr als 80% der Wahlberechtigten hätten für ihn gestimmt, kommt es zu Massenprotesten. Die Wahlfälschung ist offensichtlich. Lukaschenko klammert sich mit brutaler Gewalt an sein Amt. Tausende werden festgenommen, Hunderte verletzt und zwei Menschen getötet. Viele fliehen ins Ausland. So wie diese 3 Frauen, die die Opposition führen. Nur Maria Kolesnikova, hier rechts im Bild, bleibt und wird zu 11 Jahren Haft verurteilt. Seitdem kämpft ihre Mitstreiterin Svetlana Tsikhanouskaya aus dem Exil gegen das Regime. Wie beim Weltwirtschaftsforum vergangene Woche in der Schweiz. Immer dabei ein Bild ihres inhaftierten Mannes. Ich möchte daran erinnern, dass seit 2020 mindestens 60.000 Menschen Repression erlitten haben und im Gefängnis waren. Eine halbe Million Menschen ist vor der Brutalität des Regimes ins Ausland geflüchtet. Mehr als 1200 politische Gefangene wählt Belarus heute mehr als jemals zuvor. Echte Opposition ist verstummt. Anna Kanapatskaya galt früher als moderate Oppositionelle. Heute wirkt sie wie ein Feigenblatt in einer sonst unverhüllten Diktatur. Sie verteidigt das System Lukaschenko gegen Kritik aus Brüssel. Wie können europäische Parlamentarier Schlussfolgerungen ziehen, ohne in Belarus zu sein? Und ohne zu wissen, wie der Wahlkampf läuft? Warum belehren europäische Parlamentarier die belarussischen Bürger über demokratische Prinzipien? Im Gegensatz zu den anderen Kandidaten, behaupte Kanapatskaya, sie sei eine echte Alternative, sagt der im Exil lebende belarussische Politologe Klaskowski. Tatsächlich sei sie auch nur ein Rat in Lukaschenkos System. Sie war einst in der Oppositionspartei, die aufgelöst wurde, aber ihre ehemaligen Kollegen halten sie für eine Überläuferin ins Lager der Macht. Sie konzentriert ihren polemischen Eifer darauf, Lukaschenkos Feinde bloßzustellen. Kleine Schachzüge, um den Anschein einer freien Wahl zu wahren, in einem Land, in dem die Freiheit fehlt.
Speaker 1: Wie läuft diese Wahl in Belarus eigentlich genau ab? Das hat Karl-Georg Salzwedel und seinen Kollegen Frank Aischmann in Minsk gefragt.
Speaker 3: Mal einen Eindruck aus dem Innenleben der Wahl. Wir sind heute früh als kleines Kamerateam zu dem Wahllokal gefahren, im Sportinstitut, in der Sportuniversität, in dem Alexander Lukaschenko abgestimmt hat. Da kann man dann rein, da schaut man, wie er das macht. Eigentlich sagt er noch 2-3 freundliche Worte in Richtung Presse. Diesmal hat er uns in einen Hörsaal verfrachten lassen und 4,5 Stunden Fragen beantwortet. Das ist live übertragen worden. Es gibt eigentlich keine Wahlwerbung an einem Wahltag. Für Lukaschenko zählt das aber nicht. Um mal die aktuelle wichtige Zahl zu nennen, wenn man mal diese Wahl vom Standpunkt einer normalen Wahl aus betrachtet, was sie nicht ist. 75% Wahlbeobachtungen sind bereits verzeichnet. Das liegt auch daran, dass 40% der Wählerinnen und Wähler abgestimmt haben, bevor der Wahltag begann. Seit Dienstag war die Wahllokale geöffnet. Es ist ein hohes Interesse von sowohl Lukaschenko wie auch der Staatsmacht, sich legitimieren zu lassen mit einem möglichst hohen Wahlergebnis. Das dürfte Richtung 80% und noch mehr gehen.
Speaker 4: Die Abstimmung gilt als Farce. Belarus als letzte Diktatur Europas. Inwieweit dürfen Wahlbeobachter die Abstimmung überwachen?
Speaker 3: Es gibt, heißt es hier offiziell, 486 Wahlbeobachter. Aus Europa, aus Afrika, v.a. aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Eines aber gibt es nicht. Darauf ist Lukaschenko in dieser Megapressekonferenz heute kurz eingegangen. Es gibt keine OSZE-Wahlbeobachtermission. Das wäre eigentlich, wenn man so will, der Goldstandard. Bis 2019 war das noch möglich. Diesmal hat sich das Lukaschenko-Regime entschieden, ja, wir laden euch ein, aber nur 10 Tage vor Wahlbeginn. Wenn man weiß, dass eine Wahlbeobachtermission Monate braucht, um auch zu schauen, wie ist das Medienumfeld, das politische Umfeld, die Gesetzgebung, kann man frei seine Meinung äußern. Wie wird das Ganze hier organisiert? Dann reichen 10 Tage nicht aus. Zumal Hunderte Wahlbeobachter ins Land hätten kommen müssen. Also, das wird es nicht geben. Darum wieder keine wirklich objektiv begutachtete und beobachtete Wahl, sondern eher Wahlbeobachter aus befreundeten Ländern mit befreundeten Ansichten, was so das politische Umfeld angeht, die zertifizieren werden, ist eigentlich ganz gut gelaufen.
Speaker 4: Hat es überhaupt so eine Art, ich sag mal, Wahlkampf gegeben? Und wer ist dort gegen Lukaschenko angetreten?
Speaker 3: Immerhin steht er nicht alleine auf dem Stimmzettel, sondern es gibt 5 Namen und noch die Möglichkeit, gegen alle zu stimmen. Aber das sind wirklich reine Statisten, reine Zählkandidaten. Ein Kommunist, ein Nationalist, eine Frau ist im Rennen, die aber auch keine wirkliche Oppositionelle ist. Die haben selber von sich aus gesagt, eigentlich wird Lukaschenko gewinnen. Und da haben wir auch gar nichts dagegen. Die sind einfach angetreten, um dem eben den Schein eines Wettbewerbs zu geben. Aber über 80% für Lukaschenko, das ist klar. Die eigentliche Opposition ist ins Ausland vertrieben worden, kommentiert heute auch aus dem Ausland, betrachtet das. Es wird auch Protestaktionen geben. Und es gibt nach wie vor, auch wichtig daran zu erinnern, über 1.200 Polit-Häftlinge, die hier derzeit in Haft sitzen.
Speaker 4: Welchen Einfluss hat denn Russland auf diese Wahl? Und welche Bedeutungen haben Machthaber Lukaschenko und Belarus wiederum für Russland?
Speaker 3: Da hat er sich heute fast ein bisschen verplappert, muss man sagen. Als er gesagt hat, wiederum in dieser 4,5 Stunden Pressekonferenz, live übertragen, Wählerbeeinflussung. Da hat er nämlich gesagt, die 1. Reise, die wir jetzt machen, wird natürlich nach Russland führen. Kann man so sehen, kann man sagen. Russland ist natürlich ein sehr wichtiger Verbündeter. Aber er ist ja eigentlich noch gar nicht gewählt. Er hat das im Grunde auch schon so internalisiert. Ich bleibe der Präsident, 7. Amtszeit beginnt. Belarus ist zwar kein aktiver Unterstützer des Krieges Russlands gegen die Ukraine, aber hilft doch mit Logistik, mit Material. Und ist auch deswegen heftig sanktioniert, exportiert sehr stark und ist sehr eng gebunden an Russland. Und dann gibt es noch etwas, worauf Lukaschenko heute einging. Er hat nämlich gesagt, wir sind hier unter dem Atomschirm Russlands. Russland unterstützt uns da. Er hat wieder dieses Bild aufgezeichnet des bedrohten Landes, das, was souverän sein will. Aber sich eben mit Russland gegen den Westen, gegen die nahe NATO im Westen verteidigt.
Speaker 4: Eine Frage noch kurz zum Schluss. Wie stehen denn die Menschen in Belarus zu Machthaber Lukaschenko?
Speaker 3: Wir haben viele gefragt und die die Auskunft geben, die sagen, super Wahl, schön, wir haben für Lukaschenko gestimmt. Das ist natürlich etwas, was man sagt, wenn man denn mit westlichen Korrespondenten spricht. Denn es ist hier gelernt, was passieren kann, wenn man oppositionelle Ansichten weitergibt. Lukaschenko hat damit geworben, es gibt Stabilität im Land. Wir halten das Land aus dem aktiven Krieg heraus. Wir würden sogar Friedensverhandlungen hier organisieren. Das wird ihm hoch angerechnet. Deswegen hätte er sicherlich sogar die Mehrheit bekommen. Insbesondere, weil er keine Gegenkandidaten hat, die ernsthafte Oppositionsgegenkandidaten sind. Man lässt es aber hier nicht drauf ankommen. Und wird verhindern, dass es Proteste gibt. Aber die sind derzeit auch überhaupt nicht absehbar. Man hat ja die Wahlen, das letztes Jahr in den Januar verlegt, eigentlich hätte im Sommer gewählt werden müssen, vorverlegt, damit es ungemütlich ist. Und man eben keine Massenproteste hat. Wie man an mir sieht und der Umgebung, das letzte Remedialogisch hat wirklich prima geklappt
Speaker 4: für dieses Regime. Informationen und Eindrücke von Frank Eischmann in Minz. Ganz herzlichen Dank dafür. Copyright WDR 2021
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