Bremen darf Polizeikosten bei Risikospielen verrechnen
Das Bundesverfassungsgericht erlaubt Bremen, Mehrkosten für Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen an die DFL weiterzugeben. Folgen für andere Länder sind offen.
File
Polizei bei Hochrisikospielen Bundesländer dürfen Proficlubs an Kosten beteiligen
Added on 01/27/2025
Speakers
add Add new speaker

Speaker 1: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, Bremen darf die Mehrkosten für den Polizeieinsatz bei einem Hochrisikospiel im April 2015 an die DFL weiterreichen. Es geht um die Bundesliga-Partie Werder Bremen gegen den HSV. Die Polizei setzte damals mehr Kräfte ein als üblich, weil die Fans der Teams verfeindet sind. Die Mehrkosten dafür in Höhe von 385.000 Euro stellte dann die Stadt Bremen, der deutschen Fußball-Liga, in Rechnung. Heute also eine Entscheidung zu diesem Fall. Frank Breutigam, unser ARD-Rechtsexperte, ist uns zugeschaltet. Schauen wir nochmal auf das Detail, ein bisschen haben wir ja schon gehört, worum ging es damals vor zehn Jahren und worüber wurde so lange gestritten?

Speaker 2: Ja, den konkreten Anlass haben Sie ja gerade schon erwähnt, das war ein Bundesligaspiel zwischen Werder Bremen und dem Hamburger Sportverein im Jahr 2015, das ein sogenanntes Hochrisikospiel war, klassifiziert von den Behörden, wo eben die Gefahr, dass es zu Gewalt kommt zwischen den Fans, besonders hoch ist. Und damals hatte Bremen eine Art Premiere gewagt, das Land Bremen, und Gebühren für die Mehrkosten, die entstehen nicht für alle Polizeikosten, sondern für die Mehrkosten durch dieses Hochrisikospiel der deutschen Fußball-Liga als Veranstalter in Rechnung gestellt. Das war eine Premiere und sie war von Anfang an umstritten, deswegen wurde auch von Anfang an dagegen geklagt, gegen diesen Gebührenbescheid. Inzwischen geht es noch um 385.000 Euro und das ging durch die Instanzen, es gab mehrere Urteile an den Verwaltungsgerichten und heute in Karlsruhe war das sozusagen der Schlusspunkt mit dem Ergebnis, dass das, so wie Bremen das gemacht hat, rechtmäßig war und nicht gegen die Verfassung verstoßen hat.

Speaker 1: Und wie war die Begründung heute des Gerichts?

Speaker 2: Also der erste Punkt, der ist sehr grundsätzlich. Da sagt das Bundesverfassungsgericht, aus dem Grundgesetz lässt sich kein ganz allgemeiner Grundsatz ableiten, dass alle Maßnahmen der Polizei, die die Sicherheit gewährleisten, grundsätzlich immer kostenfrei sind. Also kein Grundsatz, dass der Staat immer alles komplett bezahlt. Das Gericht nennt da auch ein Beispiel, auch wenn man vor Gericht geht, muss man zumindest in gewissem Maße oft Gerichtsgebühren zahlen. Also das ist so der Ausgangspunkt, das reicht aber noch nicht, um solche Gebühren aufzuerlegen. Der Veranstalter muss diese zusätzlichen Gebühren auch veranlasst haben, also ein bestimmtes Näheverhältnis muss da schon bestehen und das sieht das Gericht bei diesen Hochrisikospielen. Zwar sagt die DFL, wir veranstalten ja nur ein Fußballspiel, mit der Gewalt haben wir nichts zu tun, aber die Gewalt passiere, so das Gericht, eben aus Anlass dieses Fußballspiels, deswegen sei da eben doch ein Zusammenhang und diese Veranstaltung, die könne auch nur stattfinden, weil die Polizei eben die Gewalt verhindere, also die DFL und der Verein seien auch Nutznießer und weil dieses Näheverhältnis da ist, diese Veranlassung da ist, sei es in diesem konkreten Fall eben zulässig, die Gebühren zum Teil auch abzuwälzen.

Speaker 1: Und natürlich die Frage nach den Folgen, beziehungsweise die Frage, wenn jetzt auch andere Bundesländer die DFL oder Vereine in Anspruch nehmen?

Speaker 2: Das ist in der Tat die spannende Folgefrage, wir haben ja jetzt die Situation, so wie Bremen das bei Hochrisikospielen gemacht hat, das ist möglich, also man kann das machen und man muss es aber nicht und die spannende Frage ist jetzt, wie werden andere Bundesländer, werden die diesem Vorbild quasi folgen? Wir hatten im Vorfeld des Urteils mal bei allen 16 Bundesländern angefragt, da gab es so eine gewisse Tendenz bei drei weiteren Ländern, das war Hamburg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz, die sagten, ja, könnten wir uns eigentlich auch vorstellen? Und jetzt, wo das Urteil auf dem Tisch liegt, da wird man nochmal gegenchecken müssen, bleibt es bei denen, kommen da mehr hinzu oder gibt es eine Linie bei den Ländern zu sagen, wir werden das trotzdem weiter bezahlen, spannende Frage auch, ob man da jetzt bundeseinheitlich Absprachen unter den Bundesländern findet, jedenfalls die Möglichkeit, gewisse Mehrkosten bei Hochrisikospielen der DFL und am Ende auch den Vereinen aufzuerlegen, die ist jetzt rechtlich abgesegnet.

Speaker 1: Dann gibt es ja auch andere große Veranstaltungen wie Konzerte oder Demonstrationen, da kann es vielleicht auch zu Gewalt kommen, lässt sich die Entscheidung da übertragen?

Speaker 2: Also nicht eins zu eins, natürlich gibt es auch andere große gewinnorientierte Veranstaltungen, das ist ja hier ein wichtiges Kriterium, die Veranstalter der Spiele machen damit viel Geld. Das Gericht hat aber, je länger ich dem Urteil zugehört habe, da auch so ein paar Pflöcke eingehauen, hat zum Beispiel gesagt, es kann auch Veranstaltungen geben, wo die möglichen Polizeimehrkosten die Veranstaltung quasi finanziell erdrücken, die Veranstalter, dass dann das gar nicht mehr möglich ist. Also mir kam dabei sofort so ein Weihnachtsmarkt in den Sinn, den man dann vielleicht nicht mehr veranstalten kann, wenn man eine Kostennote von Hunderttausenden geht. Also gewisse Grenzen setzt das Gericht auf jeden Fall, sodass man das nicht auf alle Veranstaltungen jetzt eins zu eins übertragen kann. Auch jemand, der demonstrieren gehen möchte und denkt, es könnte Gewalt von Gegendemonstranten gehen, das ist keine gewinnorientierte Veranstaltung. Also ich will damit sagen, nicht jeder, der jetzt etwas organisiert und etwas macht, muss sofort mit einer Gebührennote im Briefkasten rechnen. Es geht jetzt hier erstmal um die Hochrisikospiele und in engen Grenzen wird man es womöglich auch auf andere Bereiche, wo Gewinn erzielt wird, übertragen können.

Speaker 1: Vielen Dank für diese Einschätzung und das war unser ARD-Rechtsexperte Frank Beutiger.

Speaker 2: Mehr Informationen auf www.ard-rechtsexperte.de

ai AI Insights
Summary

Generate a brief summary highlighting the main points of the transcript.

Generate
Title

Generate a concise and relevant title for the transcript based on the main themes and content discussed.

Generate
Keywords

Identify and highlight the key words or phrases most relevant to the content of the transcript.

Generate
Enter your query
Sentiments

Analyze the emotional tone of the transcript to determine whether the sentiment is positive, negative, or neutral.

Generate
Quizzes

Create interactive quizzes based on the content of the transcript to test comprehension or engage users.

Generate
{{ secondsToHumanTime(time) }}
Back
Forward
{{ Math.round(speed * 100) / 100 }}x
{{ secondsToHumanTime(duration) }}
close
New speaker
Add speaker
close
Edit speaker
Save changes
close
Share Transcript