Deutschland verstärkt Ostsee-Sicherheit gegen Sabotage
Kanzler Scholz will die Ostsee-Sicherheit erhöhen, um Sabotageakte durch Russlands Schattenflotte zu verhindern. Experten diskutieren Schutzmöglichkeiten.
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Scholz kündigt deutsche Beteiligung am Schutz der Infrastruktur in der Ostsee an
Added on 01/27/2025
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Speaker 1: Deutschland will künftig mehr für die Sicherheit in der Ostsee tun. Das hat Bundeskanzler Scholz auf einem Gipfeltreffen mehrerer NATO-Staaten in Helsinki angekündigt. Hintergrund sind die jüngsten mutmaßlichen Sabotageakte durch die sogenannte russische Schattenflotte. Scholz sprach diesbezüglich von einer sehr ernsten Angelegenheit. Deutschland sei selbstverständlich bereit, mit deutschen Schiffen für die Sicherheit in der Ostsee Sorge zu tragen. Johannes Peters, willkommen. Sie sind Sicherheitsexperte für maritime Konflikträume am Institut für Sicherheitspolitik der Uni Kiel. Schön, dass Sie bei Tagesschau24 sind.

Speaker 2: Vielen Dank.

Speaker 1: Bei den letzten Unterwasserschäden der Infrastruktur, die wir in den Nachrichten hier hatten, die die Ostsee angingen, da ging man ja von Sabotageakten aus. Was spricht dafür?

Speaker 2: Nun, einfach das Vorgehen, dass diese Tanker ihren Anker fallen lassen und dann über eine sehr weite Distanz, teilweise deutlich über 100 Kilometer, diesen Anker mitschleifen. Das ist etwas, was schwerlich aus Versehen passiert.

Speaker 1: Warum sind die Kabel und Leitungen bisher so ungeschützt? Warum kann man da einfach mit so einem Schiff und dem Anker drüber fahren?

Speaker 2: Diese Leitungen werden einfach auf dem Meeresgrund verlegt. Da gibt es kein Vorgehen, sie im Wesentlichen zu härten, also Maßnahmen zu ergreifen, die wirklich gegen mechanische Schäden robuster zu gestalten. Das war nie nötig. Das ist auch konstruktiv schwierig, würde auch den Kosten beim Verlegen solcher Leitungen extrem erhöhen. Und dementsprechend sind diese Leitungen halt relativ ungeschützt.

Speaker 1: Wir haben gerade gehört, es gibt eine Konferenz zur Sicherheit dieser Unterwasser-Infrastruktur in der Ostsee. Ihre Ideen dazu? Wie kann man diese Bedrohungen eindämmen? Welche Maßnahmen halten Sie jetzt für richtig?

Speaker 2: Es gibt nicht die eine Maßnahme. Diese Infrastruktur ist nicht über ihre gesamte Länge immer komplett zu schützen. Das ist sicherlich illusorisch. Was man jetzt tut, ist, man bringt weitere Marineeinheiten in die Ostsee, die sicherlich dazu beitragen werden, das Lagebild noch mal zu verbessern und auch in die Lage versetzen, die Reaktionszeiten noch mal runterzubringen. Also sollte auffälliges Verhalten beobachtet werden, dass man sehr schnell vor Ort sein kann und das gegebenenfalls zu unterbinden. Das ist sicherlich ein Effekt, der jetzt erzielt wird und erzielt werden soll durch die erhöhte Präsenz. Gleichzeitig ist es aber auch so, dass Marineeinheiten gegen Handelsschiffe eigentlich nicht so wirklich vorgehen können. Da steht das Seerecht dem Ganzen entgegen. Was man also in dem nächsten Schritt machen muss, man muss sich auf einheitliche Verfahren und Vorgehen einigen, dass man eben die Möglichkeiten, die das Seerecht, das internationale Recht einbietet, dass man die auch voll ausschöpft und so einfach, wann immer es möglich ist, solchen Akteuren dann habhaft wird.

Speaker 1: Und darum sprechen Sie auch an, eher das Problem der sogenannten Schattenflotte. Wir haben mal ein Schiff, das gerade in den Schlagzeilen war, die Eventin. Können Sie noch mal erklären, was das für eine Flotte ist, hinter der ja Russland vermutet wird?

Speaker 2: Ja, der Begriff russische Schattenflotte ist so nicht ganz korrekt. Es ist also nicht so, dass diese Schattenflotte exklusiv Russland zusteht, sondern es gibt einen Graumarkt sozusagen, aus dem man sich bedient. Das sind Schiffe, die also durchaus an jeden ihre Dienste verkaufen, der bezahlt, unabhängig davon, ob die Absichten desjenigen jetzt lauter sind oder nicht. Und aus diesem Graumarkt bedient sich Russland eben, um weiterhin trotz der Sanktionen des Westens sein Öl zu exportieren an Drittstaaten. Und aus dieser Flotte rekrutiert Russland seine Tankerkapazitäten. Und das Problem bei dieser Tankerkapazität ist eben, dass sie häufig in einem zweifelhaften technischen Zustand auch sind. Das haben wir jetzt bei der Eventin ja gesehen, die dann ja eine Havarie erlitt, in dem sämtliche Systeme ausfielen, was natürlich potenziell große Gefahren mit sich bringt.

Speaker 1: Das heißt sowas wie den TÜV beim Auto, den gibt es auf den Weltmeeren nicht?

Speaker 2: Doch, tatsächlich schon. Es gibt Mindeststandards für die Schifffahrt, sowohl was die technische Betriebssicherheit anbelangt, was den Umweltschutz anbelangt, aber auch was beispielsweise Arbeitsstandards, Löhne, auch die Umstände für die Crews an Bord. Für all das gibt es international gültige Mindeststandards. Und diese Schattenflotte unterläuft halt häufig diese Standards, was für die Crews sicherlich unangenehm ist. Das ist erstmal noch kein Sicherheitsproblem. Aber eben die technische Betriebssicherheit dieser Schiffe ist eben auch fragwürdig. Und da wird es dann zum Problem.

Speaker 1: Nun treffen sicher die Staatschefs der NATO-Anrainerstaaten der Ostsee in Helsinki, weil Russland einen hybriden Krieg führt. Welche Möglichkeiten sehen Sie, Russlands Strategien zu durchkreuzen?

Speaker 2: Dieser hybride Krieg wird ja nicht nur auf See geführt. Wir sehen ihn vor allem im Informationsraum, wir sehen ihn online, wir sehen ihn mit Sabotageversuchen und eben jetzt auch zur See mit den Angriffen dieser Schattenflotte, wenn man es so nennen möchte. Wie ich eben schon sagte, es gibt sicherlich nicht die eine Antwort. Eine stärkere Präsenz zur Abschreckung und ein noch besseres Lagebild ist sicherlich richtig und auch sinnvoll. In einem nächsten Schritt muss eben geguckt werden, welche rechtssicheren Möglichkeiten haben wir tatsächlich, um hier noch stärker wirken zu können, um diese Möglichkeiten dann eben auch voll auszuschöpfen. Also auch beispielsweise, wo es vielleicht rechtliche Graubereiche gibt, zu sagen, wir interpretieren die in unserem Sinne, um eben möglichst häufig an Bord solcher Schiffe zu kommen, sie zu kontrollieren, Informationen zu sammeln, um immer besser hinter dieses System zu kommen, immer besser zu wissen, wie funktioniert ist, um dann eben auch möglichst effektiv dort gegenwirken zu können.

Speaker 1: Aber hieße das auch, solche Maßnahmen, bis die greifen, das würde Jahre dauern?

Speaker 2: Teils, teils, muss man sagen. Also wenn man natürlich wirklich den Rechtsrahmen, den international verhandelten Rechtsrahmen ändern möchte, ja, das geht nicht von heute auf morgen. Das ist sicherlich ein längerer Prozess. Im ersten Schritt wäre es sicherlich schon hilfreich, wenn man sich anguckt, okay, welche rechtlichen Möglichkeiten haben wir und dazu bereit ist, und zwar nicht nur einzelne, sondern am besten sämtliche Ostseeanrainer, mit Ausnahme Russlands verständlicherweise, bereit sind, diese Rechtsrahmen dann auch voll auszuschöpfen und dort auch gemeinsam an einem Strand zu ziehen.

Speaker 1: Sagt Johannes Peters, Sicherheitsexperte für maritime Konflikträume an der Uni Kiel. Vielen Dank.

Speaker 2: Ich danke Ihnen.

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