Speaker 1: Wie steht es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Deutschland konkret? Wie können Eltern die Kinderbetreuung mit ihren Arbeitszeiten in Einklang bringen? Das ist Thema im 10. Familienbericht der Bundesregierung, der heute Mittag vorgestellt wurde. Eine der vielen unterschiedlichen Familienkonstellationen von heute zeigt unser Beispiel aus Nordrhein-Westfalen. Ein Vater, der sich das Sorgerecht mit seiner geschiedenen Frau teilt.
Speaker 2: Thomas Hallers lebt seit Jahren getrennt von seiner Ex-Frau. Die beiden haben zwei Kinder, elf und 13 Jahre alt, und erziehen sie trotz Trennung gemeinsam. Ein Drittel der Zeit sind die Kinder bei ihrem Vater in Telgte. Das ist aber die Ausnahme in Deutschland.
Speaker 3: Man muss es immer erklären, man muss immer was begründen. Man wird immer mit den Vätern, die nicht zahlen, in einen Topf geschmissen und muss eigentlich erklären, ich bin anders so und das ist nicht ganz leicht.
Speaker 2: Geteilte Betreuung bedeutet mindestens 10 Übernachtungen pro Monat bei jedem Elternteil. Und da schneidet Deutschland mit 8 Prozent im europäischen Vergleich schwach ab. In anderen Ländern ist es deutlich mehr. Bis zu 53 Prozent der getrennten Eltern teilen sich dort die Kinderbetreuung. Für den Sozialpädagogen aus Telgte ist die Situation schwierig, auch finanziell. Nach den Unterhaltszahlungen bleiben ihm 1.400 Euro pro Monat.
Speaker 3: Ich kann nicht in Urlaub fahren. Ich bin schon seit 10 Jahren nicht mehr in Urlaub gefahren. Ich kann nur 80 Prozent arbeiten, weil ich auch Donnerstags bis Montags die Kinder habe. Das heißt, ich kann nicht 100 Prozent arbeiten, also nicht volles Geld verdienen.
Speaker 2: Armutsrisiko, ein weiteres großes Problem, das der Familienbericht feststellt. Für alleinlebende Mütter und Väter ist es dreimal höher als bei Paarbeziehungen mit Kindern. Ortswechsel, die Familienberatung in Oelde. Wer wie Thomas Hallers in Trennung lebt und dabei Hilfe sucht, der muss oft lange warten. Das ist die Regel in Deutschland laut Familienbericht. Und der fordert deshalb einen Ausbau kostenloser Beratung.
Speaker 4: Oft geht es ganz viel um persönliche Befindlichkeiten und Bedürfnisse, wenn Paare sich frisch getrennt haben. Und dann werden Kinder manchmal sozusagen zur Verhandlungsmasse, ohne dass die Eltern das wollen.
Speaker 2: Statt Verhandlungsmasse eine gemeinsame Betreuung. Thomas Hallers und seine Ex-Frau haben das geschafft. In Deutschland immer noch eine Geschichte mit Seltenheitswert.
Speaker 1: Bundesfamilienministerin Paus hat in diesem Zusammenhang im ARD-Morgenmagazin auf die finanziellen Verbesserungen verwiesen, die die Ampelregierung durchgesetzt habe. Etwa die Förderung des Bundes für den Kita-Ausbau, die Kindergelderhöhung und den Kindersofortzuschlag. Trotzdem gäbe es noch viel zu tun, um auch Erleichterungen für Familien mit Trennungsgeschichte zu schaffen. Hier seien flexible Lösungen nötig.
Speaker 5: Wir stellen fest, Familie ist inzwischen vielfältig. Und die Rahmenbedingungen in Deutschland sind eben nicht so, dass sie für alle Familien gut passen. Es ist so, dass inzwischen jede fünfte Familie, dass da eben Eltern allein erziehen oder getrennt erziehen. Und sie treffen eben auf steuerliche Rahmenbedingungen, auf soziale Rahmenbedingungen, auf Rahmenbedingungen bei der sozialen Infrastruktur, die für sie nicht passen. Und deswegen brauchen sie Unterstützung. Es kann ja nicht sein, dass nur weil es privat so gelaufen ist, wie es gelaufen ist, dass sich Menschen trennen, dass dann die Kinder darunter leiden.
Speaker 1: Und wir sprechen darüber nochmal mit Christoph Mestmacher in Berlin. Ja, Paus nimmt da vor allem eben Alleinerziehende in den Blick. Wie weit kommen die Betreffenden aus Sicht der Ministerin dazu kurz?
Speaker 6: Wir haben das ja in dem Beitrag zuvor auch gehört und dem können wir nehmen, was Lisa Paus gerade in ihrem O-Ton gesagt hat, dass es nach wie vor sehr schwierig ist, dass Familien, die allein erziehen, auch einem höheren Armutsrisiko unterliegen. Da betrifft es besonders Frauen, deren Armutsrisiko sei 60 Prozent höher als das Armutsrisiko der alleinerziehenden Männer. Entschuldigung. Das liegt wiederum daran, welche Beziehungsform und welche Erwerbsform auch in Teil der funktionierenden Beziehung gewählt wurde. Kurzum, das ist ein Mängelbericht, den Lisa Paus heute vorgestellt hat. Und die Maßnahmen, die zu den limitierenden Faktoren gehören, die abgeschafft werden sollen, das betrifft natürlich auch ganz stark den Bereich, ich nenne das jetzt mal Infrastruktur, also Betreuung von Kindern.
Speaker 1: Und wie ließe sich da laut Paus noch nachsteuern? Was ließe sich verbessern?
Speaker 6: Also die Wunschvorstellung, die geäußert wurde, weil die Ampel ja am Ende ist und wir kurz vor Neuwahlen sind, ist, dass es beispielsweise einen Betreuungsanspruch für Kinder gibt ab dem ersten Jahr bis zum Ende der Grundschulzeit des Grundschulalters von mindestens acht Stunden täglich. Davon ist dieses Land weit entfernt. Und Lisa Paus hat auch gesagt, dass natürlich der Fachkräftemängel auch auf die sogenannte Infrastruktur, also Kinderbetreuung, durchschlägt. Es mangelt an Erzieherinnen und Erziehern. Und deshalb müssten Kitas immer wieder kurzfristig die Betreuungszeiten kürzen. All das ist nicht förderlich für die Erwerbstätigkeit, besonders von Frauen, auch losgelöst von dem Status, ob sie alleinerziehend sind oder nicht. Das ist ein Malus in diesem Land. Der sollte verbessert werden. Das ist eine Stelle, die Lisa Paus benannt hat. Zudem hat sie vorgeschlagen, dass es steuerliche Entlastungen geben, dass beispielsweise auch die Kosten gerechter abgebildet werden sollen. Denn getrennterziehende Eltern, die ein Wechselmodell beispielsweise haben, haben natürlich einen höheren Kostenaufwand als Familien, die nicht getrennt, nicht geschieden sind. Und nicht vergessen werden sollte, dass Lisa Paus heute sehr deutlich darauf hingewiesen hat, dass ein Viertel der Scheidungskinder, der Trennungskinder keinen Kontakt zum anderen Elternteil habe. Und das sei bedenklich auch für das Kindeswohl.
Speaker 1: Es ist natürlich für alle Eltern schwierig, wenn sie zu arbeiten müssen und die Kita hat zu. Aber inwiefern haben Alleinerziehende dadurch tatsächlich auch noch mal generell schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt, wenn die Betreuungsangebote nicht ausreichen?
Speaker 6: Die Flexibilität wird nicht genügend abgebildet, was dieses Alleinerziehen bedeutet. Auch mit den kurzfristigen Änderungen, die entstehen können. Das geht bis hin zu der Frage, wie lange, wie viele Arbeitszeiten biete ich beispielsweise alleinerziehenden Müttern oder auch Vätern an. Das ist etwas, wo die Arbeitgeber heute von Bundesfamilienministerin Lisa Paus aufgefordert sind, auch mehr Flexibilität an den Tag zu legen und hier von sich aus Initiativen vorzuschlagen, dass es eben Alleinerziehenden, in diesem Fall Müttern oder Frauen, leichter wird, sich auch in Schichtdienste und andere Arbeitszeiten einzugliedern.
Speaker 1: Du hast den anstehenden Regierungswechsel angesprochen. Kritik und Forderungen sind das eine. Was davon lässt sich dann aber auch konkret umsetzen bzw. ist ja teilweise auch schon umgesetzt?
Speaker 6: Ja, es gab Erhöhungen beim Kindergeld und beim Familienzuschlag. Da gibt es dann immer wieder eine Anrechenproblematik bei diesem Thema. Und wenn man die Vorsitzende der Kommission, Michael Kreinberger, heute beim Wort nimmt, dann kann man den Familienbericht auch als eine Mängelliste verstehen, bezogen auf das Ampelregieren. Was das Ehegattensplitting beispielsweise angeht, was immer noch als Hemmnis gilt für eine gleichberechtigte Erwerbstätigkeit von Männern und Frauen, da hatte die Ampel sich ja vorgenommen, die Steuerklasse 5 abzuschaffen, wenn ich das richtig weiß, und nur noch die Steuerklasse 4 abzuschaffen und die Steuerklasse 4 für Familien zu nehmen, also das Ehegattensplitting abzuschaffen. Dieser Plan ist gescheitert am Ampel aus, zuvor am Widerstand der FDP. Aber all das, was heute sozusagen angemahnt wurde, liegt dann in den Händen der neuen Bundesregierung, wie auch immer sie sich zusammensetzen wird nach der kommenden Bundestagswahl. Aber die Kommissionsvorsitzende hat durchaus zu erkennen gegeben, dass die Bilanz des grün geführten Familienministeriums nicht wirklich bedeutend gewesen ist. Auch die nach wie vor fehlende Kindergrundsicherung, wo auch Familienministerin Lisa Paus einen Anteil daran hat, dass sie nicht gesetzlich umgesetzt wurde, ist als eine wichtige Maßnahme benannt worden, die möglicherweise die kommende Regierung dann doch umsetzen sollte.
Speaker 1: Dankeschön, Christoph Mestmacher in Berlin. Gerne.
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