Klimapolitik der CDU: Ambitionen und Realitäten
Analyse der Klimaziele von CDU und Merz: Zwischen Wirtschaft und Umwelt. Veränderungen und Herausforderungen vor der Bundestagswahl 2025.
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K wie Kanzler Wie ernst ist Friedrich Merz das Klima 11KM - der tagesschau-Podcast
Added on 01/27/2025
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Speaker 1: Heute geht es um die K-Frage. K wie Kanzlerkandidat und K wie Klima.

Speaker 2: Jeder von uns nimmt das Thema Klimaschutz sehr ernst. Wir sind allerdings nicht so im Alarmismus unterwegs wie hier einige in der Bundesregierung und die Welt geht nun in der Tat morgen nicht

Speaker 1: unter. Das hat Friedrich Merz gesagt 2023 vor über einem Jahr und damit für Staunen gesorgt. Jetzt möchte er Bundeskanzler werden. Wie ernst ist ihm der Klimawandel und was würde sich unter ihm als möglichen Kanzler in der Klimapolitik ändern? Wir schauen uns bei LfKM in den kommenden Wochen vor der Bundestagswahl vier Kanzlerkandidaten und Kandidatinnen an. Wir nehmen uns dabei extra die Politikfelder vor, die man vielleicht nicht automatisch mit ihnen in Verbindung bringt. Damit ihr auch da wisst, was euch nach der Wahl erwarten würde. NDR-Journalistin Oda Lamprecht hat sich für das ARD-Magazin Panorama die Klimapolitik von CDU-Kandidat Friedrich Merz angeschaut, das aktuelle Wahlprogramm der Union gecheckt und Merz Auftritte studiert. Hallo Oda. Hallo. Ihr hört LfKM, der Tagesschau-Podcast. Ein Thema in aller Tiefe. Mein Name ist Viktoria Kobmann. Heute ist Mittwoch, der 15. Januar und wir starten diese Folge mit einem Auftritt vor ziemlich genau einem

Speaker 2: Monat. Herzlich willkommen. Wir haben gerade in einer gemeinsamen Sitzung der beiden Parteivorstände der CDU und der CSU einstimmig unser Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2025 beschlossen. Ja,

Speaker 3: ich hätte mir das live angeschaut, wie Friedrich Merz das Wahlprogramm vorgestellt hatte. Lieber

Speaker 2: Markus, wir haben das gemeinsam erarbeitet mit unseren beiden Parteien. Wir legen das heute gemeinsam vor und das zeigt Ihnen, meine Damen und Herren, dass die Union zu neuer Geschlossenheit gefunden hat in den letzten drei Jahren. Merz und Söder, die haben sich da so

Speaker 3: kumpelhaft eingeschlagen und dann gemeinsam das Wahlprogramm hochgehalten. Darauf stand dann

Speaker 2: Politikwechsel für Deutschland. Wir wollen eine Wirtschaftspolitik machen, die die Leistungsbereitschaft

Speaker 3: unseres Landes fördert. Wie werden wir wettbewerbsfähig? Wie sorgen wir für Wachstum? Weniger Bürokratie, wie schaffen wir das? Also eine starke Wirtschaft ist für Merz quasi alles und er hat

Speaker 2: eben dann in so einem Halbsatz auch gesagt, eine starke Wirtschaft ist die Grundlage für alles, für eine gute Sozialpolitik, genauso wie für eine gute Umwelt- und Klimaschutzpolitik. Das war

Speaker 3: aber dann auch der einzige Halbsatz, in dem das Wort Klima vorkam. Ohne eine gute Wirtschaft läuft nichts. Also es gibt auch Ökonomen, die das genau andersrum sehen, dass also natürlich eine gute Klimapolitik auch die Grundlage für eine gute Wirtschaftspolitik ist, weil die Wirtschaft kann ja nur mit neuen klimafreundlichen Technologien wettbewerbsfähig bleiben und die Klimakrise, also die Folgen, Hitze, Stürme, Überschwemmungen, die gefährden natürlich auch die Wirtschaft letztendlich. Im Gegensatz zu Merz hat Söder etwas anklingen lassen. Richtungswechsel pro

Speaker 4: Leistung, pro Freiheit, pro Wachstum, pro Auto statt Verbrennerverbote, ja, pro Kernenergie als Chance statt Heizgesetz und anderen Restriktionen. Aber wer jetzt wissen wollte, was CDU und CSU

Speaker 3: gegen die Erderhitzung machen wollen, der wurde zumindest bei der Vorstellung des Wahlprogramms

Speaker 1: enttäuscht. Also gesagt haben Söder und Merz da so gut wie nichts zur Klimapolitik. Lass uns doch mal ins Wahlprogramm von CDU und CSU reinschauen, was dazu aufgeschrieben worden ist. Welche Forderungen und Pläne hast du da in Sachen Klimapolitik gefunden? Also grundsätzlich

Speaker 3: muss man erst mal sagen, CDU und CSU bekennen sich in ihrem Wahlprogramm weiter zu dem Ziel, Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen. Und sie bekennen sich damit natürlich auch zum Pariser Klimaschutzabkommen. Also schon die Vorgängerregierung hatten ja beschlossen, dass auch Deutschland schrittweise immer weniger klimaschädliches CO2 ausstoßen darf. Denn CO2 und andere Treibhausgase, die erhitzen ja die Erde. Dadurch kommt es immer mehr zu Extremwetterereignissen wie Starkregen und Überschwemmungen. Und solche Art von Extremwetterereignissen werden eben zunehmen, wenn wir die Erderhitzung nicht ausbremsen. Und dass sie das vorhaben, dazu bekennt sich

Speaker 1: die Union erst mal. Ja, sie bekennt sich zu bereits gesteckten Zielen. Klimaneutral, das heißt ja im Prinzip, es soll entweder kein CO2 mehr ausgestoßen werden oder eben das, was ausgestoßen wird, soll ausgeglichen werden. In 20 Jahren soll unterm Strich eine Null rauskommen, um das Klima nicht weiter zu belasten. Aber die Frage ist ja, was will die Union mit ihrem möglichen Kanzler Friedrich Merz denn tun, damit Deutschland bis 2045 tatsächlich auf diese Null

Speaker 3: kommt, also klimaneutral ist? Also um klimaneutral zu werden, muss ja zum einen die Energieversorgung verändert werden, also weg von Kohle, Gas und Öl. Sie wollen am Kohleausstieg festhalten, die Erneuerbaren ausbauen, aber auch Netze und Speicher ausbauen. Also da will sie offenbar die bisherige Politik fortsetzen. Das ist ja schon in Teilen passiert beziehungsweise angeschoben mit einer Ausnahme. Also sie schreibt in ihrem Wahlprogramm, dass sie sich die Option Kernkraft offenhalten wollen. Also sie wollen prüfen, ob stillgelegte Kernkraftwerke wieder ans Netz können. Was ich persönlich aber viel spannender finde als die Energieerzeugung ist ja, also wie will die CDU bei Wärme und Verkehr klimaneutral werden? Denn da geht es ja um die Veränderungen, die jeden Einzelnen von uns betreffen und das bleibt irgendwie diffus und zum

Speaker 1: Teil auch widersprüchlich. Also du meinst konkret so Fragen wie, wie werden wir in Zukunft heizen, mit welchen Autos, also welchem Antrieb fahren wir und so weiter. Was wäre denn da so ein konkreter

Speaker 3: Vorschlag der Union? Also sie sagen, im Prinzip wollen sie das marktwirtschaftlich lösen. Das bedeutet, sie wollen an der CO2-Bepreisung festhalten. Das Prinzip ist ganz einfach. Alles, was klimaschädlich ist, also etwa mit Gas heizen oder mit Benzin Auto fahren, das wird immer teurer, um eben Anreize zu setzen, das zu verändern. Das ist längst beschlossen von den Vorgängerregierungen, also auch auf EU-Ebene und daran wollen sie festhalten. Das Kabinett hat beschlossen,

Speaker 5: den CO2-Emissionshandel auf den Verkauf von Öl, Diesel, Benzin und Erdgas auszuweiten. Der Preisanstieg für Verbraucher dürfte laut Umweltministerium bis zum Jahr 2025 etwa bei

Speaker 3: elf Cent pro Liter Benzin liegen. Das bedeutet aber natürlich, dass sich mit der Zeit alle Menschen eine klimafreundliche Heizung einbauen müssen, wie etwa eine Wärmepumpe und auf klimafreundliches Fahren umsteigen müssen, weil alles andere wird ja mit der Zeit durch den CO2-Preis viel zu teuer. Das heißt, letztendlich, wenn man das übersetzt, dann will auch die CDU zumindest nach ihrem Wahlprogramm für massive Veränderungen sorgen und das wirklich Interessante finde ich dabei, dass sie aber genau das meinem Eindruck nach den Leuten nicht sagt. Im Wahlprogramm steht, wir schaffen das Heizungsgesetz ab, dieses ungeliebte Gesetz, das heißt ja eigentlich

Speaker 5: Gebäude-Energie-Gesetz. Nach monatelangem Streit auch innerhalb der Koalition hat der Bundestag das sogenannte Heizungsgesetz beschlossen. Wirtschaftsminister Habeck sprach von einer zentralen Weichenstellung für den Klimaschutz. Die Union bezeichnete die Novelle dagegen als Irrsinn und warnte, das Gesetz mache die Menschen arm. Mit der Reform des Gebäude-Energie-Gesetzes soll schrittweise der Abschied von Öl- und Gasheizungen eingeleitet

Speaker 1: werden. Ja, das Heizungsgesetz, das war ein großer Streit 2023. Daran wäre schon fast die Ampel-Koalition zerbrochen, wegen den Plänen von Wirtschaftsminister Robert Habeck bzw. der Kommunikation dieser Pläne.

Speaker 2: Was hat Habeck hingekriegt? Er hat das glatte Gegenteil von dem erreicht, was er mit der

Speaker 1: Wärmepumpe eigentlich erreichen wollte. Das hat Friedrich Merz gesagt Anfang Dezember in der ARD-Sendung Maischberger. Wir wollen es den Menschen überlassen zu sagen, welche Heizung sie

Speaker 3: einbauen. Also die CDU sagt ja, bei uns gibt es Entscheidungsfreiheit, aber die gilt ja bislang auch. Also ich kann ja jetzt auch schon entscheiden, ob ich mir Wärmepumpe oder Holzheizung einbaue. Das sagt die CDU dann, wenn man nachfragt, sie will jetzt Holz ein bisschen stärker fördern. Aber das

Speaker 2: sind ja Detailfragen. Wir werden dieses Gesetz korrigieren und zwar auf den ursprünglichen

Speaker 3: Bestand wieder zurückbringen. Und das klingt dann da so wie, bei uns gibt es keine Vorschriften mehr, keine üblen Verbote, kein Regieren in den Heizungskeller. Aber was heißt das denn praktisch? Also ich meine, wenn der CO2-Preis steigt, dann wird sich wohl trotzdem auf Dauer jeder eine klimafreundliche Heizung einbauen wollen. Aber das heißt nicht, dass jeder macht, was er will.

Speaker 2: Natürlich nicht. Das konnte auch vorher nicht jeder machen, was er will. Wir werden es so wieder regeln, dass die Menschen eine eigene Entscheidung treffen können, was sie einbauen. Und wir werden Grenzwerte haben, die dafür sorgen, dass wir in der Zeit auch CO2-frei im Haus heizen.

Speaker 3: Der CO2-Preis ist das Leitinstrument für die CDU. Das heißt, alles wird teurer und das wird es dann schon regeln. Also heißt, ich merke dann halt irgendwann, dass meine eingebaute Gasheizung, dass das Gas viel zu teuer wird, ich mir das nicht mehr leisten kann. Und dann baue ich halt von alleine eine klimafreundliche Heizung ein, weil die dann irgendwann eben einfach günstiger ist, zu betreiben.

Speaker 1: Also kann man vielleicht sagen, die Union verkauft nur anders. Schauen wir mal genauer drauf, wie Kanzlerkandidat Merz kommuniziert. Also dass es bei der Vorstellung des Wahlprogramms vor einem Monat im Dezember so gut wie gar nicht ums Klima ging. War das eine Momentaufnahme oder ist

Speaker 3: es charakteristisch für Friedrich Merz? Also wenn man sich die öffentlichen Auftritte von Merz anschaut, also zum Beispiel in Talkshows, muss man also zum einen erstmal sagen, dass ehrlicherweise Journalisten sehr selten nach Klimapolitik fragen. Aber wenn das Thema ist, dann spricht der Energiepolitik schon an. Aber er verweist dann eben darauf, dass er bei der Energieerzeugung auf Forschung und Innovation setzt. Aber er hat zum Beispiel neulich in einer ZDF-Talkshow bei Margrit Illner gesagt, in Zukunft könnte man Windräder vielleicht wieder abbauen, weil sie

Speaker 2: hässlich sind. Nicht einseitig auf Wind und Sonne, sondern zu sagen, alle Erzeugungsquellen, die es möglich macht, zu haben. Ich glaube sogar, dass wir, wenn wir es richtig machen, eines Tages die Windkrafträder wieder abbauen können, weil sie hässlich sind und weil sie nicht in die Landschaft

Speaker 1: passen. Das ist eine Übergangstechnologie. Anfang November letzten Jahres war das. Das sind doch

Speaker 3: Perspektiven, über die wir sprechen müssen. Wir sprechen darüber. Und das klingt natürlich schon sehr populistisch. Also zum einen schien mir die Kategorie hübsch und hässlich bisher bei Kern- und Kohlekraftwerken überhaupt keine Rolle zu spielen. Und gleichzeitig klingt das für mich natürlich total so, als wenn er auf die Wählerinnen und Wähler schielt, die eben das Windrad vor der Haustür nervt. Und es passt aber natürlich überhaupt nicht zum Wahlprogramm, weil da steht ja drin, dass sie für den Ausbau der Erneuerbaren sind. Also da zeigt sich dann halt einfach ein Widerspruch. Er würde jetzt wahrscheinlich sagen, ja, heute werden die Erneuerbaren ausgebaut. Und ich habe ja gesagt, wenn dann erstmal die Forschung und wenn das alles funktioniert, dann können wir vielleicht die Windräder wieder abbauen. Aber das ist natürlich heute einfach nicht relevant. Es kommt ja jetzt darauf an, wie schaffen wir es heute bei Energie, bei Mobilität, also beim Autofahren oder bei der Wärme, beim Heizen, bei den Gebäuden jetzt klimaneutral zu werden? Also ich habe einfach grundsätzlich den Eindruck, dass er nicht so gern über konkrete Klimapolitik spricht, die

Speaker 1: den Menschen Veränderungen zumutet. Steckt da eine Strategie dahinter? Also grundsätzlich hätte ich

Speaker 3: natürlich gern persönlich mit ihm darüber gesprochen. Ich hatte ihn einmal Ende Oktober angefragt für ein kurzes Interview für Panorama. Und dann nochmal Mitte November hatte ich nochmal gefragt, ob ich mit ihm grundsätzlich über Energie und Klimapolitik sprechen kann. Da hatte er auch aus Termingründen abgesagt. Und stattdessen habe ich mit Andreas Jung gesprochen, der eben schon sehr lange zu Klimapolitik, zu Umweltpolitik arbeitet. Und Andreas Jung ist eben auch der

Speaker 6: Parteifize der CDU. Ganz im Gegenteil beschreibt Friedrich Merz immer wieder, wie er selbst die Erfahrung macht im Sauerland, wie der Klimawandel bereits sehr konkrete Auswirkungen auf die Wälder dort hat. Und wir haben gemeinsam ein ehrgeiziges Programm formuliert, bei dem Klimaneutralität das Ziel bleibt, so wie es gesetzlich auch verankert ist. Wenn man dann nachfragt, dann habe ich das

Speaker 3: Gefühl, dass Andreas Jung, der ist natürlich auch viel tiefer im Stoff. Wer die Atmosphäre mit CO2-Fertignutzt, der muss in Zukunft zahlen. Das heißt Gasheizung, Verbrenner etc. wird teurer. Können die Menschen sich das leisten? Wie soll das funktionieren?

Speaker 6: Das ist ja ein Weg, den wir auf den Weg gebracht haben. Die erste Säule ist eine schrittweise CO2-Bepreisung, einen moderaten Einstieg.

Speaker 3: Der erklärt dann schon recht differenziert, was eben ein CO2-Preis bedeutet, dass das Dinge teurer

Speaker 6: macht. Dann einen schrittweisen Aufwuchs, so dass niemand überfordert wird, aber so dass das klare Signal dahinter steht, wer sich für eine klimafreundliche Technologie entscheidet, beim Heizen oder beim Autofahren, der spart auch im Geldbeutel.

Speaker 3: Dass die CDU eben damit auch Anreize schaffen will, dass Menschen sich eine klimafreundliche Heizung einbauen oder eben klimafreundlich Auto fahren. Zweitens, es muss verbunden werden mit Sozialausgleich. Und bei Friedrich Merz habe ich halt eher das Gefühl, er möchte das einfach verstecken, was das eher bedeutet. Möglicherweise hat Merz einfach Angst, Wählerstimmen zu verlieren, wenn er zu viel über nötige Veränderungen spricht. Denn es ist ja schon so, wenn man die Menschen fragt, was sind die wichtigsten Probleme? Also die Klimakrise stand noch vor zwei Jahren vorn bei den Prioritäten. Inzwischen, wenn man sich den ARD-Deutschland-Trend anguckt, also da stehen vorne Wirtschaft, Migration und Außenpolitik. Und möglicherweise hat er einfach Sorge, damit nicht punkten zu können.

Speaker 7: Als wir wissen wollten, was sind denn die wichtigsten Probleme, die mit Blick auf die Bundestagswahl bearbeitet werden müssen, ist es nicht erstaunlich, dass auch hier das Thema Wirtschaft an erster Stelle kam. Umwelt- und Klimaschutz, ganz interessant, das war bei der vergangenen Wahl an Platz 1, jetzt nach hinten gerutscht an Platz 4.

Speaker 3: Es gibt immer noch eine Mehrheit, die sagt, Klimaschutz ist uns wichtig. Aber wenn man eben fragt, was ist das wichtigste Problem, nicht mehr ganz vorne.

Speaker 1: Das Thema Wirtschaft, das war zuletzt auf Platz 1 der wichtigsten Themen für Wählerinnen und Wähler. Und genau da sieht die Union mit Friedrich Merz eines ihrer wichtigen Kompetenzfelder. Welche Signale sendet Merz denn konkret an Unternehmerinnen und Unternehmer, die gehören ja zu seiner Wählerklientel, was mit ihm klima- und energiepolitisch zu erwarten wäre?

Speaker 3: Also auf dem Papier, also in ihrem Wahlprogramm, bekennt sich die Union ja weiter zum CO2-Preis. Sprich, also auch für die Industrie ist damit natürlich klar, dass klimaschädliche Produktion teurer wird und dass sie umstellen müssen auf grüne Energie. Und das will die Union jetzt auch unterstützen, indem sie die Stromnetze ausbaut oder indem sie die Versorgung durch erneuerbare Energien, durch eine pragmatische Kraftwerkstrategie absichert. Also man braucht ja, wenn Wind nicht weht und Sonne nicht scheint, dann braucht man ja ergänzend zum einen Speichern, dass die Energie entweder gespeichert wird oder dass es flexible Kraftwerke gibt, die zum Beispiel mit Wasserstoff später funktionieren sollen, die das sozusagen absichern und ergänzen. Also das soll im Grunde genommen passieren, aber das wurde ja bisher auch schon angeschoben. Und die Union sagt auch, sie will dafür sorgen, dass Strom für alle günstiger wird. Das sagen sie sehr oft, das scheint ihnen also sehr wichtig zu sein. Wir brauchen preisgünstige

Speaker 2: Energie für alle Unternehmen. Die Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen in

Speaker 3: Deutschland müssen besser werden. Dafür möchte sie im Übrigen die Einnahmen aus dem CO2-Preis nutzen. Also wir zahlen ja alle für die Verschmutzung der Atmosphäre mit CO2. Und also das, was an Geld eingenommen wird, soll in erster Linie dafür genutzt werden, den Strom günstiger

Speaker 1: zu machen. Also wir zahlen alle. Das heißt, wenn ich noch Jahre weiter mit Benzin fahren will oder mit Gas heizen, dann muss ich noch tiefer in die Tasche greifen, weil das alles durch die CO2-Bepreisung teurer werden wird. Und mit den Einnahmen daraus will die Union dann die Strompreise, die Netzentgelte senken für uns Bürgerinnen und Bürger, aber auch für Unternehmen. Genau, und da bleibt

Speaker 3: natürlich die Frage, wie viel ist dann noch übrig, um den angekündigten Klimabonus auszuzahlen. Weil eigentlich sagt auch die CDU, sie möchte den Menschen Einnahmen aus dem CO2-Preis zurückzahlen.

Speaker 1: Also ein Teil der Mehreinnahmen aus der CO2-Bepreisung soll unter dem Namen Klimageld an die Bürger zurückgegeben werden. Und die Union will so also das versprechen, das tatsächlich tun.

Speaker 3: Nur wenn sie das prioritär dafür nutzt, um die Netzentgelte zu senken, ist halt die Frage, wie viel dann überhaupt noch übrig bleibt für ein Klimageld. Also die CDU nennt das jetzt Klimabonus. Das ist halt offen. Und also was die Unternehmen angeht, die CDU hatte dafür extra einen Energiekongress organisiert. Also der fand Anfang November in Berlin statt. Das Motto war Energiepolitik für ein klimaneutrales Industrieland. Also da wollten sie schon zeigen, dass ihnen das wichtig ist.

Speaker 2: Liebe Kolleginnen und Kollegen, aber vor allen Dingen meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste, herzlich willkommen.

Speaker 3: Also große Prominenz ist aufmarschiert. Friedrich Merz, Jens Spahn, Julia Klöckner, die gesamte Parteispitze war im Grunde genommen da. Der Saal war pickepacke voll. Es mussten sogar noch lange welche draußen warten. Friedrich Merz hat dann sogar mit seiner Rede angefangen, obwohl draußen noch lange Schlange standen.

Speaker 2: Wir freuen uns sehr, dass sie in einer so sehr großen Zahl unserer Einladung gefolgt sind zu diesem Energiekongress. Neue Energieagenda für Deutschland, so haben wir es genannt.

Speaker 3: Und übrigens war auch bei dem Kongress Kernenergie wieder ein Thema. Also Merz hatte das ganz vorsichtig angesprochen.

Speaker 2: Wir brauchen alle verfügbaren und technisch möglichen Energiequellen. Und das schließt ein, eine Betrachtung der Möglichkeiten, die wir mit der Kernenergie möglicherweise noch haben. Aber wir wollen es wenigstens vorurteilsfrei prüfen.

Speaker 3: Und was interessant war, auf dem Energiekongress waren auch viele Vertreter von Unternehmen, von großen Konzernen da. Und interessant war, dass dann auf der Bühne der RWE-Chef, also der Vorstandsvorsitzenden dieses großen Energieunternehmens, Markus Krepper, dass der gesagt hat, dass sich Kernkraft wirtschaftlich schlicht nicht lohne. Also im Grunde genommen hat er auf offener Bühne bei der CDU-Veranstaltung Friedrich Merz widersprochen.

Speaker 8: Kernkraft passt nicht zu Erneuerbaren. Die Erneuerbaren machen die Ökonomie des Kernkraftwerks kaputt.

Speaker 3: Friedrich Merz hat dann dort vor allem von Innovation, Technik und Forschung geschwärmt. Also besonders eine Technologie, an der gerade geforscht wird zur Energieerzeugung, die schien es ihm besonders angetan zu haben.

Speaker 2: Perspektivisch sollten wir in Deutschland die Kernfusion in den Blick nehmen. Wir haben mittlerweile zwei Forschungsreaktoren, die betrieben werden. Wir sollen den Anspruch an uns selbst stellen, eines der Länder zu sein, das als eines der ersten auch mit einem Fusionsreaktor ans Netz geht.

Speaker 1: Kernfusion, für alle, die das jetzt vielleicht nicht direkt aus dem Stegram erklären können. Oder erklär doch nochmal, was ist das für eine Technologie genau?

Speaker 3: Also Kernfusion, also dadurch, dass Atomkerne verschmolzen werden, sollen große Mengen Energie freigesetzt werden. Aber bisher kann man diese Technik noch gar nicht nutzen, weil sie eben noch erforscht wird. Also das wäre, wenn überhaupt, etwas für die zweite Hälfte des Jahrhunderts. Es kann ja auch sinnvoll sein, in diese Forschung zu investieren, aber es ist eben keine Antwort auf die Frage, wie wir heute klimaschädliche Emissionen verringern können. Julia Klöckner durfte ich kurz fragen. Also ich habe sie dann gefragt, wie die CDU dafür sorgen möchte, dass die klimaschädlichen Emissionen gesenkt werden.

Speaker 1: Julia Klöckner war mal Bundesministerin für Landwirtschaft und Ernährung. Aktuell ist sie wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU-CSU im Bundestag.

Speaker 9: Eines ist sehr klar, wir werden nicht mit einer Deindustrialisierung die Klimaziele einhalten. Denn es muss weltweit betrachtet werden. Denn wir sehen, wenn bei uns Produktion abwandert, wird woanders produziert, und zwar unter schlechteren Umweltbedingungen. Das Kernangebot der Union ist schlichtweg Technologie. Und das heißt nicht Verbot, sondern durch Innovation.

Speaker 3: Und das klingt natürlich irgendwie schön, erklärt aber natürlich einfach nicht, wie jetzt weniger CO2 verursacht werden soll. Und das ist ja nötig, das muss ja heute passieren.

Speaker 1: Das vergangene Jahr war das im Durchschnitt heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Dazu kommen Extremwetterereignisse, die immer stärker werden, mit großen Folgen für viele Menschen. Trotzdem, wir haben jetzt festgestellt, das Thema steht bei Merz und seiner Union nicht direkt im Vordergrund. Warum ist es eigentlich so, dass Klimapolitik, wenn man so will, so einen grünen Stempel hat? Und man hat eher den Eindruck, das wird weniger mit konservativer Politik in Zusammenhang gebracht.

Speaker 3: Also darüber habe ich auch mit dem Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung gesprochen, mit Professor Ottmar Edenhofer. Und er ist eben auch der Chefökonom dieses Instituts. Das heißt, er bewertet Klimafragen, aber eben auch alle ökonomischen Fragen, die damit zusammenhängen.

Speaker 10: Ich sehe das auf jeden Fall so, dass die konservative, also Parteien und Wähler rechts der Mitte, Klimaschutz extrem skeptisch sehen. Sie haben das Gefühl, da wird eine Agenda verfolgt.

Speaker 3: Und der hat erklärt, dass Klimaschutz natürlich nicht links oder rechts ist, sondern einfach notwendig, um unseren Wohlstand zu erhalten und damit ja letztendlich geradezu ein konservatives Anliegen.

Speaker 10: Die nicht ihre Agenda ist. Und ich glaube, da muss man eben darauf hinweisen, und das ist wichtig, dass auch konservative Parteien das verstehen, dass Klimaschutz zunächst einmal die Sicherung des künftigen Wohlstandes ist.

Speaker 3: Also am Ende gibt es dann natürlich auch immer noch wieder viele Menschen, die ja ein Interesse daran haben, dass sich nichts ändert. Also zum Beispiel, weil sie an fossilen Energien verdienen oder keine Lust haben, etwas zu verändern. Und dann ist vielleicht eine gute Strategie, Klimaschutz einfach als eine Art Ideologie zu bezeichnen, weil damit leugnet man ja dann letztlich die Notwendigkeit, die Klimakrise auszubremsen.

Speaker 1: Die CDU hat gute Chancen bei der anstehenden Bundestagswahl und Friedrich Merz damit als Kanzler. Friedrich Merz schließt eine schwarz-grüne Koalition nicht ganz aus, anders als Markus Söder von der CSU. Wenn du dir das Unionsprogramm jetzt nochmal so anschaust, kann das zusammengehen mit den Grünen, also einer Partei, die ganz stark auf Umwelt- und Klimaschutz setzt?

Speaker 3: Wenn man sich die öffentlichen Auftritte der CDU und CSU anschaut, kann ich mir das schwer vorstellen. Also bei der CDU und CSU ist ja dann zu hören, Kernkraft, Kernfusion, Forschung pro Auto gegen Verbrennerverbot. Das scheint jetzt irgendwie nicht so natürlich zu den Inhalten der Grünen zu passen. Andererseits, auf dem Papier bekennt sich die Union ja zum Klimaschutz, zum Pariser Klimaschutzabkommen. Also wer weiß, das ist jetzt schwer zu spekulieren.

Speaker 1: Oder wie schätzt du es abschließend ein? Wie ernst nimmt Friedrich Merz die Klimapolitik?

Speaker 3: Mein Eindruck ist ehrlicherweise, dass Friedrich Merz das Thema nicht besonders ernst nimmt. Denn wenn er das täte, müsste er ja bei seinen Wahlkampfauftritten erklären, wie klimaschädliche Emissionen konkret sinken sollen. Also was jede und jeder von uns jetzt verändern muss. Das heißt aber ja, dass Menschen vielleicht irgendwann dann auch einfach überrascht davon werden. Und dann ist natürlich die Frage, ob Menschen, wenn dann plötzlich Autofahren und Heizen ganz teuer wird, ob sie dann nicht laut protestieren, wenn man ihnen das vorher nicht erklärt, wenn es vorher nie eine Rolle gespielt wird. Also ob sie sich dann irgendwie in einer Art betrogen fühlen, wenn vorher immer so getan wird, als würde sich nichts verändern. Aber dann nach und nach plötzlich doch alles so teuer wird, dass man eben gezwungen ist, sich zu ändern. Denn gerade bei Gebäuden und beim Verkehr, also beim Heizen, Fahren, beim Fliegen, da hängen wir ja mit dem Klimaschutz hinterher. Und da wollen die Menschen ja wissen, was sich unter einer neuen Regierung ändert und wer nötige Änderungen im Zweifel eben auch bezahlen muss. Und da habe ich das Gefühl, dazu äußert sich jetzt Merz öffentlich einfach nicht. Weder hat er da auf die katastrophalen Folgen der Klimakrise hingewiesen, noch hat er erklärt, was er tun möchte, um die Entwicklung auszubremsen.

Speaker 1: NDR-Journalistin Oda Lambrechter hat sich die Pläne der Union in Sachen Klimapolitik angeschaut. Für ihren Panorama-Film CDU – Wie ernst nimmt Merz die Klimakrise? Den Link dazu packen wir euch in die Shownotes, wo ihr auch noch eine Übersicht findet zu den Schwerpunkten der Parteien in ihrem Wahlprogramm. Und morgen hört ihr hier eine neue investigative Recherche. Die ist bis dahin noch streng geheim, nur so viel kann ich verraten. Es geht um PFAS, die Stoffe, die so oft in unserem Alltag vorkommen, in Pfannen, Regenjacken, Kosmetik und die sehr krank machen können. Autorin der heutigen FKM-Folge sind Jasmin Brock und Aileen Dohrn. Mitgearbeitet hat Marc Hoffmann. Produktion Christiane Gehäuser-Kamp, Christine Frey und Hanna Brünjes. Redaktionsleitung Lena Gürtler und Fumiko Lipp. FKM ist eine Produktion von BR24 und NDR Info. Mein Name ist Viktoria Kokmann. Bis morgen. Tschüss. Und der heutige Podcast-Tipp 15 Minuten, der Tagesschau-Podcast am Morgen. Jeden Morgen sprechen zwei Hosts aus unterschiedlichen Teilen Deutschlands miteinander über die Nachrichtenthemen, die bei ihnen gerade eine Rolle spielen. Zum Beispiel, was kann man tun gegen die zunehmende Gewalt gegen Polizisten oder Rettungsdienste? Darf der Arbeitgeber seine Angestellten nach einer Krankmeldung besuchen, um zu schauen, ob sie wirklich krank sind? Und warum sind zum Beispiel Skipässe an manchen Tagen teurer als an anderen? 15 Minuten, der Tagesschau-Podcast am Morgen gibt's in der ARD-Audiothek und überall, wo es Podcasts gibt. Den Link findet ihr auch in unseren Shownotes.

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