Waffenstillstand bezweifelt: Israel und Hamas in Verhandlung
Israel und Hamas erzielen Waffenstillstandsabkommen für Geiselfreilassung, aber Premier Netanyahu äußert Bedenken. Zukunft bleibt ungewiss.
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Vereinbarung über Waffenruhe und Geiseldeal zwischen Israel und der Hamas
Added on 01/27/2025
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Speaker 1: Die Erleichterung war groß. Nach mehr als 15 Monaten Krieg im Gazastreifen haben sich Israel und die radikal-islamische Hamas gestern unter Vermittlung Katars auf ein Waffenstillstandsabkommen geeinigt. Und auf einen Deal zu den verbliebenen Geiseln. 33 von ihnen sollen in einer 1. Phase aus der Gewalt der Islamisten- Organisation freigelassen werden. Jetzt gibt es allerdings Einwände von Premier Netanyahu. Die Hamas verstoße gegen Auflagen zur Waffenruhe.

Speaker 2: Es geht um die Geisel am Abend im Gazastreifen. Als die Nachricht vom Waffenruheabkommen die Runde macht, herrscht auf den Straßen pure Freude und Erleichterung. Wir haben 1,5 Jahre auf diesen Moment der Freude gewartet. Keiner kann sich vorstellen, was wir jetzt fühlen. Das ist ein unbeschreibliches Gefühl. Einfach unbeschreiblich. Ich will nach Gaza zurückkehren, zurück in mein Zuhause. Nach Hause kommen, das sollen auch die von der Hamas festgehaltenen Geiseln. Bei ihnen könnte es schon am Sonntag soweit sein, wenn der Waffenstillstand in Kraft tritt. Im Austausch gegen rund 1.000 palästinensische Gefangene sollen in der 1. Phase 33 Geiseln freigelassen werden. Dennoch, bei den Angehörigen in Israel fällt die Freude über den Deal noch verhalten aus. Es ist wie eine Achterbahnfahrt. Ich kann gerade kaum atmen. Wir wissen ja gar nicht, ob sie auf der Liste sind, ob sie in der 1. Phase freikommen, ob sie überhaupt noch am Leben sind. Wir wissen ehrlich gesagt gar nichts.

Speaker 1: Wir sprechen mit Sophie von der Tan in Tel Aviv. Einige haben gejubelt, andere sind skeptisch. Jetzt scheint der Deal offenbar auch tatsächlich wieder zu kippeln. Premier Netanyahu wirft der Hamas vor, einige Vereinbarungen nicht einzuhalten und noch weitere Zugeständnisse erwirken zu wollen. Was bedeutet das jetzt?

Speaker 3: Er hat nicht deutlich gemacht, worum es da konkret geht. In jedem Fall soll das israelische Kabinett erst dann zusammentreten, wenn da mehr Klarheit herrscht und es da eine Einigung gebe. Möglicherweise könnte es zusammenhängen mit der Liste der Namen der palästinensischen Gefangenen, die freigelassen werden sollen, im Gegenzug für die israelischen Geiseln, die im Gazastreifen gehalten werden. Das ist hier ein extrem umstrittenes Thema. Es kann auch noch innerhalb von 48 Stunden Einspruch erhoben werden vor dem obersten Gericht. Allerdings geht man davon aus,

Speaker 1: dass das oberste Gericht dem nicht stattgeben wird. Wie wahrscheinlich ist es, dass die israelische Regierung dieser Einigung aber jetzt dann doch noch zustimmt?

Speaker 3: Wir müssen das jetzt einfach abwarten. Es gibt natürlich auch innerhalb der Regierung große Kritiker, v.a. Netanyahus rechtsextreme Koalitionspartner. Die haben mittlerweile auch zugegeben, offen, dass sie dieses Abkommen immer wieder verhindert haben. Die sind gegen ein Ende im Krieg des Gazastreifens. Die wollen, dass die Hamas vollständig zerstört wird. Auch wenn es an diesem Kriegsziel immer wieder Kritik gibt, auch vom israelischen Militär, dass das gar nicht möglich sei durch die Kriegsführung im Gazastreifen. Allerdings, auch wenn Netanyahus rechtsextreme Koalitionspartner gegen das Abkommen stimmen würden, hätte er wahrscheinlich immer noch eine Mehrheit im Kabinett, um dieses Abkommen zu verabschieden.

Speaker 1: Wir haben es gehört, in Israel sind auch andere nicht wirklich zufrieden mit der Einigung. Z.B. die Angehörigen der Geiseln. Welche Kritikpunkte gibt es da?

Speaker 3: Die Angehörigen der Geiseln, und ich stehe hier gerade auf dem sog. Geiselplatz hinter mir, kann man die Bilder sehen von Geiseln, die im Gazastreifen festgehalten werden. Die sind sehr vorsichtig optimistisch. Wir glauben erst dran, wenn die Geiseln wirklich zurückkommen. Die hatten schon so oft Hoffnung, die dann immer wieder geplatzt ist. Und die bezweifeln auch, ob es tatsächlich zu dieser 2. Phase kommen wird. Weil während der 1. Phase, dieser 6-wöchigen Waffenruhe, sollen ja erst mal nur 33 der rund 98 verbliebenen Geiseln freikommen. Und die große Frage ist, kommt es dazu, dass wirklich alle Geiseln freigelassen werden? Im Gegenzug dafür soll Israel, das israelische Militär, den Gazastreifen komplett verlassen. Und diese Interessen stehen nach wie vor im großen Gegensatz zueinander. Weder die israelische Regierung ist interessiert an einem kompletten Abzug aus dem Gazastreifen. Und auch viele in der Bevölkerung sehen das extrem kritisch. Noch hat die Hamas wirklich ein Interesse daran, alle Geiseln freizulassen, weil das ihr Hauptdruckmittel ist.

Speaker 1: Wir haben auf der anderen Seite in Gaza die Menschen gerade gehört und gesehen, wie sie gejubelt haben. Denn viele leiden massiv darunter, dass eben auch kaum Hilfsgüter da ankommen. Worauf hoffen die Menschen da?

Speaker 3: Die Menschen dort leiden vor allen Dingen auch unter den israelischen Luftangriffen. Und die Hoffnung ist jetzt natürlich groß, dass diese Waffenruhe erst mal Ruhe tatsächlich bringt im Gazastreifen. Ein Aufatmen, eine Erleichterung ist das jetzt. Allerdings wissen die Menschen auch, dass sie in eine sehr ungewisse Zukunft blicken. Zunächst noch mal die Tage bis zur Waffenruhe. Da kann man davon ausgehen, dass das noch mal intensive Kampfhandlungen bedeuten wird. In der letzten Nacht massive israelische Luftangriffe mit dutzenden Toten. Also die Angst bleibt. Und dann eben die Ungewissheit vor der Zukunft. Der Gazastreifen liegt wegen des Krieges, wegen der israelischen Luftangriffe in weiten Teilen in Schutt und Asche. Die Menschen wissen gar nicht, wie da ein normales neues Leben eigentlich wieder aufzubauen ist. Und das ist auch ein Thema, was im Prinzip noch gar nicht wirklich besprochen wurde. Die israelische Regierung hatte sich da auch immer wieder versperrt, um über diese langfristige Perspektive zu sprechen. Die Fragen, wer soll den Gazastreifen regieren? Wie soll er wieder aufgebaut werden?

Speaker 1: Stichwort langfristige Perspektive, soweit man das überhaupt abschätzen kann jetzt. Welche Chancen gibt es jetzt, wenn die Einigung kommt für eine dauerhafte Waffenruhe und eine Lösung?

Speaker 3: Das ist die ganz große Frage. Wie gesagt, diese 2. Phase. Unklar, ob es zu der tatsächlich kommen wird, weil die Interessen da so weit auseinandergehen. Und die langfristige Perspektive, das ist komplett offen. Das wird wahrscheinlich auch stark davon abhängen, welche Rolle die USA spielen werden. US-Präsident Trump, der dann im Amt sein wird. Welchen Druck er dort tatsächlich ausüben wird. Der hat mit Sicherheit eine große Rolle gespielt. Bzw. die Tatsache, dass er bald zum Präsidenten wird, hat eine große Rolle gespielt, dass dieser Deal jetzt möglicherweise zustande kommt. Dass da eine neue Dynamik drin ist. Das hat großen Druck ausgeübt auf alle Seiten. Er ist bekannt dafür, unberechenbar zu sein. Und er hatte zuletzt damit gedroht, dass die Hölle losbrechen werde, wenn die Geiseln nicht frei sind, bis zu seiner Amtseinführung. Und die ist nächste Woche. Aber was dann langfristig passiert, das müssen wir jetzt abwarten.

Speaker 1: Danke schön, Sophie von der Tan in Tel Aviv.

Speaker 3: Copyright WDR 2021

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